“Today a young man on acid realized that all matter is merely energy condensed to a slow vibration. That we are all one consciousness experiencing itself subjectively. There is no such thing as death, life is only a dream, and we are the imagination of ourselves.”
— Bill Hicks
Overkill von Colin Hay läuft gerade in meiner Playlist. Ich kann mal wieder nicht schlafen. ADHS kickt mal wieder hart. Gibt es ein festes Ich, das andere wirklich greifen können?
In meinem Kopf bin ich eine bestimmte Person mit Erinnerungen, Zweifeln und Hoffnungen, doch jeder Mensch, der mir begegnet, speichert eine leicht andere Version von mir ab.
Sprache, Gestik und Tonfall, unsere Handlungen oder Berührungen sind nur ein ungenaues Protokoll zum Austausch unserer Gedanken.
Unsere Ideen müssen sich erst durch Grammatik und Wörter quetschen, bevor sie bei jemand anderem ankommen, und dabei bleibt viel auf der Strecke. Und der andere möchte es einsortieren bzw sein Gehirn macht das automatisch.
Wörter, die ich seit Jahren benutze, können für andere eine andere Bedeutung haben.
Es gibt kein Pflichtfeld „Was ich wirklich fühle“ oder „was ich gemeint habe“ wenn ich etwas sage oder tue („War ja nicht so gemeint!“)
Tor Nørretranders erklärt in seinem Buch „The User Illusion“, dass unsere Sinne uns pro Sekunde mit etwa elf Millionen Bits fluten, während unser Bewusstsein davon nur ungefähr vierzig(!) Bits verarbeiten kann.
Der Rest wird still herausgefiltert, verdichtet, gelöscht. Reduziert auf ein Minimum von verarbeitbaren Informationen die wir unseren Mustern zuordnen können.
Was wir Realität nennen, ist also nur eine winzige Zusammenfassung, ein Memo, ein komprimierter, gestotterter Informations-Zungenbrecher aus einer gigantischen Wolke Datenreichtums. Wie in kleiner Schlüssel öffnet dieses Kleinteil eine Kiste mit der eigenen Zuordnung.
So erklärt sich auch dieser eigenartige Moment, wenn ein Geruch aus der Kindheit auftaucht.
Plötzlich steht der Duft salziger Mittelmeerluft im Zimmer.
Ein herb-nostalgischer Flashback steigt auf, fast körperlich, fast wie ein kurzer innerer Orgasmus, und verschwindet wieder in den grauen Zellen.
Das Geruchs-Molekül gehört zur materiellen Welt, meine Erinnerung zur subjektiven Welt, doch der Inhalt dieser Erinnerung bleibt als Struktur in einer dritten Welt erhalten. Vielleicht hat nur ein Fisch gefurzt, aber ich habe eine kurze Zeitreise.
Jetzt hole ich mal Karl Popper als Philosophie-Gehirnzellen-Torjäger ins Spiel:
Er unterscheidet Welt 1, die materielle Ebene, Welt 2, das Bewusstsein und Erleben, und Welt 3, die objektiven Inhalte unserer Gedanken.
Sobald wir eine Idee aussprechen oder niederschreiben, entlässt sie sich aus unserem Kopf in Welt 3.
Sie existiert dort unabhängig von uns und kann von anderen aufgegriffen werden. Wir können Sie durch unsere körperlichen Fähigkeiten versuchen festzuhalten oder zu vermitteln. So sehr wir uns anstrengen, der Gegenüber kann es eigentlich nur falsch verstehen.
Ein Anteil von mir oder meinen Gedanken bleibt also erhalten, auch wenn der Gegenüber nur eine gefilterte Version wahrnimmt.
Ich habe jetzt leider immer noch nicht die Kurve zu Resonanz hinbekommen, aber der aufmerksame Leser versteht vermutlich was ich meine (oder auch nicht!). Wir alle erleben unsere Welt durch reduzierte Sinnesdaten, Gauss-Fusselig (fuzzy) einsortiert wie Formen in einem Babypuzzle.
Trotzdem hinterlassen wir Spuren in Welt 3.
Jemand anders kann sie später aufnehmen und weiterdenken. Oder sie vervollständigen. Oder sie für sich perfekt machen.
Oder sie bleiben für immer Unperfekt. Aber „echt“.
Schreibe einen Kommentar